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Montag, 28. Februar 2011

Radeln und Surfen

Endlich ist mal wieder etwas passiert, über das es sich lohnt zu berichten. Ihr habt sicherlich gemerkt, dass in den letzten Wochen die Einträge hier stagniert sind, aber sonderlich viel war eben nicht passiert. Jetzt aber:
Nachdem am gestrigen Tag bei strahlendem Sonnenschein das nächste Abschiedsgrillen, dieses mal für Elisa, stattgefunden hat, machten wir uns am heutigen Sonntag Morgen um 10:00 Uhr mit gemieteten Fahrrädern (5 USD / Tag) auf, um eine im Ort Cumbayá beginnende 20 Kilometer lange Route abzufahren. Das Wetter sollte auch heute keine Wünsche offen lassen und so ging es mit vielen gleich gesinnten Leuten auf die teilweise sehr unwegige Strecke. Da ich die ersten zwei Kilometer bereits einmal am Tag vor einigen Wochen abgelaufen bin, wusste ich, was mich zumindest auf den ersten Metern erwarten würde. Krassere Kontrastierungen kann man wohl kaum finden, wenn man auf der einen Seite der Mauer Slums findet, von denen man zuvor nie etwas hier in Cumbayá gehört hat und dem unmittelbar gegenüber gleich mehrere Villen findet. Und damit meine ich Villen!


Nach einer kurzen Eingewöhnugszeit an das Rad ging es immer schneller die Schienen entlang - richtig, denn die heutige Route bildet die alte Verkehrslinie der nicht mehr aktiven Straßenbahn. Daher kommt man auch an vielen kleinen Bahnhöfen entlang.
Bereits die ersten Meter waren immer wieder von Unterbrechungen bestimmt. Zu schön war die Aussicht, der man gerade auf seinem Zweirad konfrontiert wurde. Um viele dieser schönen Orte nicht zu vergessen bzw. um sie mit euch teilen zu können, lag es auf der Hand, dass schnell der Fotoapparat hervorgeholt wurde.
Besonders sehenswert war die große Schlucht, die auf dem gesamten Weg parallel zur Route zu verfolgen war. Aus der Tiefe drang das Rauschen des wild mäandrierenden Rio Chiche hervor, der uns am Kilometer 15 auch noch zu einer Erfrischung bereit stand. Auf dem Weg sonst waren zahlreiche pompöse Villen mit riesigen Gärten und Poolanlagen zu sehen, die sich in die ruhige Landschaft ringsherum bestens integrierten - wenn dort in den Häusern nicht der perfekte Ort wäre, um abzuschalten, dann wüsste ich momentan keinen anderen.


Das einerseits strahlende Wetter forderte viel von uns ab und so war es nicht weiter verwunderlich, dass in regelmäßigen Abständen nicht nur Pausen eingelegt (u.a. auch, um sich als Gruppe wieder zu sammeln), sondern auch die aus ökonomischer Sicht respektive hinsichtlich der harten und weichen Standortfaktoren bestens am Pfadesrand platzierten kleinen Geschäfte aufgesucht wurden, um irgendeine Form der Erfrischung zu konsumieren.
Nach etwa 1 1/2 Stunden waren wir dann an dem bereits erwähnten Rio Chiche angekommen. Kurzerhand ging am Weg eine kleiner Pfad rechts ab, der direkt zum Ufer des Flusses führen sollte. Dort rasteten wir für eine Weile, sowohl, um uns zu erholen, als auch die herrliche Landschaft zu genießen. Das obligatorische Gruppenfoto durfte auch hier selbstverständlich nicht fehlen. Aylin und ich erkundeten die Umgebung dann noch etwas weiter und wateten durch den doch sehr kalten Fluss auf eine Mittelinsel, die sich aus Geschiebematerial und dessen Sedimentation über wohlmöglich viele Jahrzehnte gebildet hatte. Trotz der Kälte, die an den Beinen über die Zeit sogar schmerzhaft wurde, tat uns diese Erfrischung mehr als gut. Einmal mehr hatten wir einen wunderschönen Fleck des Landes entdeckt. Nach einiger Zeit sollte es jedoch auch hier weitergehen. Also schnel waren unsere klapprigen Drahtesel geschnappt und die Fahrt ging weiter. Ebenfalls beeindruckend waren die verschiedenen Tunnel auf dem Weg, die mal kürzer und mal länger nie beleuchtet waren. So fuhren wir wie an einer Leine gezogen hintereinander blind über den staubigen Boden, stets in der Hoffnung, dass nicht irgendwo unerwartet ein Schlagloch auf unseren Vorderreifen lauern würde und es infolge eines unfreiwilligen Absteigens in einem Massensturz resultieren würde.











 








Am vorletzten Stationspunkt bei Kilometer 17 angekommen, musste zwingend wegen des anstrengend Bergauffahrens eine längere Pause eingelegt werden. Dort sprach uns "Jorje" an, ein freundlicher Ecuadorianer, der laut seiner Auskunft allerdings lange Zeit in "Nueva York" gelebt hat. Nach dem üblichen Smalltalk (woher kommt man, wie lange ist man in Ecuador, was macht man hier etc.) wies er uns darauf, dass die nächsten drei Kilometer bis zum Ende sehr langweilig wären, den schönsten Teil hätten wir bereits gesehen. Da sich unsere Lust, die bis hierher 17 Kilometer noch einmal zu bestreiten, sehr in Grenzen hielt, fragten wir, ob uns ein Pick-Up organisiert werden könnte. Jorje zückte kurzerhand sein Handy und rief den Fahrradvermieter (der Einzige dort, ist daher sehr bekannt) in Cumbayá an. Dieser hatte leider keine Fahrmöglichkeit bereit, um uns abzuholen. Nun war das Engagement von Jorje noch mehr geweckt und er telefoniert wie wild herum. Nach wenigen Minuten teilte er uns erfreulich mit, dass ein Freund von ihm in wenigen Minuten mit einem Truck vorbeikäme, um uns nach Cumbayá zu bringen. Während der Wartezeit und dem fortwährenden Gespräch mit dem Ecuadorianer, wurden meine gesamten Knöchel von Moskitos attakiert (das bedeutet nicht nur ein einfacher Stich, sondern so krass, dass Blut aus dem Stich hinausläuft!). Nach etwa 20 Minuten kam tatsächlich ein Truck, na ja, eher ein großer Transporter mit hoher Brüstung ringsherum. Schnell waren die Fahrräder und wir aufgeladen und so ging die etwa 30-minütige Fahrt zurück nach Cumbayá. Stets auf der Ladefläche hinten am "surfen"!


Wir bedankten uns mit etwas Kleingeld für diesen äußerst freundilchen Abhol- / Bringservice und waren froh, nach über vier Stunden wieder zu Hause zu sein.