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Samstag, 6. November 2010

Ausflug in den "Oriente" - Teil 3: Zoo, Primärregenwald, Gummireifen, Schamane

Der zweite Tag am Rio Napo: Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es um 9:00 Uhr zur nahegelegenen Tierauffangstation "amaZOOnico". Der Weg dorthin führte direkt von der Lodge durch einen Teil des Regenwaldes. Dort angekommen, konnten einige Tierarten des Areals betrachtet werden, die entweder aus Privathaushalten stammen (als "Haustier" und dort misshandelt bzw. aggressiv wurden), oder aber gefunden und abgegeben wurden. Dazu zählen u.a. Wasserschweine, Boa Constrictor, Kaimane, Tukane und viele mehr. Der allerdings noch immer leicht anhaltende Regen trügte den Spaß durch die Anlage zu laufen. Wobei gleichwohl zu bezweifeln ist, ob zenitaler Sonnenschein zur späteren Stunde vorzuziehen gewesen wäre.
Nach der Rückkehr zur Lodge und dem erneut beeindruckenden Mittagessen ging es weiter zu einer vierstündigen Tour, zunächst durch den Sekundärregenwald, später dann durch den "Urwald", den Primärregenwald. Stets von einem indigenen Guide angeführt und über diverse Gegenstände und Besonderheiten am Ort hingewiesen (z.B. über die Drachenblutpalme, dessen Rinde ein Extrakt zur Hautpflege und Insektenstichbehandlung beinhaltet), versuchte ich (zusammen mit den anderen Tourteilnehmern) ihm zu folgen - ein schwieriges Unterfangen, wenn man versucht dem Tempo und unwegsamen Wegen zu folgen. Na ja, von Wegen oder Pfaden zu sprechen, ist genau genommen übertrieben. Teilweise wurden einfach mit der Machete Laufmöglichkeiten geschlagen. Der "Hinweg" zum bis dort noch unbekannten Ziel war stets von einem steilen Anstieg begleitet, teilweise musste wirklich "gekraxelt" werden, um den nächsten Pfad zu erreichen. Nichtsdestotrotz war es spannend, stets neue Tiere und Pflanzen zu sehen und am Ende mit einem Ausblick über den Rio Napo sowie einen Teil des Regenwaldes belohnt zu werden.


Na einer längeren Verweilzeit am Plateau folgte, wie nach jedem Aufstieg der Abstieg. Dieser gestaltete sich schwieriger, als erwartet, weil man durch das stets niederfallende Laub der Bäume den "eigentlichen" Pfad, falls es einen gab, nicht wirklich sehen konnte. Zudem erschwerten kleine Rinnsale und rutschige Felsen das sichere Fortkommen. Obwohl sich niemand wirklich der Anziehungskraft ergeben musste, führten die widrigen Gegebenheiten oft zu ungewollten akrobatischen Einlagen.
Nach der Rückkehr und Ankunft an der Lodge fehlte für einen schönen Ausklang des Tages (denn die Dämmerung setzt dort bereits um 18 Uhr ein) eine Fahrt mit Gummireifen über den Fluss. Obwohl dieses Vorhaben nicht wirklich geplant war und sich die Leute vor Ort nicht darauf einstellen konnten, kamen sie sofort unserem Wunsch nach und organisierten über das Walky-Talky die benötigten Firstclass-Einzelboote. Nur wenige Minuten später legte dann das Motorboot am Felsplateau (einen Steg gab es nicht) an und nahm uns mit Stromaufwärts zu einer geeigneten Stelle des Ausstiegs. Die unterwegs durchfahrenen Stromschnellen ließen die Hoffnung auf eine Menge Spaß steigen. Auch wenn die letztendliche Durchfahrt eher eine gemütliche Chill-Out-Atmosphäre auf dem Fluss hatte, war es ein großer Spaß. So konnte, mittlerweile etwas erschöpft, das Abendessen kommen, ehe dann im Anschluss daran der Abend eine ungeahnte Wende nahm.
Das Vorhaben für die weitere Abendgestaltung umfasste neben einem na ja mehr oder weniger kühlem Bier lediglich die Vorführung eines Schamanen. Na ja, dabei blieb es dann nicht ganz: nachdem ich noch mal kurz in die Hütte gegangen war, um meinen Kameraakku zu wechseln, wurde ich darin von einem umherfliegenden Murciélago (Fledermaus) überrascht. Die zum Rat und Tat herbeigeholten Indigenen öffneten sofort alle "Fenster" sowie die Tür und verhalfen mit einem Besen der Fledermaus aus dem Haus - soweit könnte man denken "na prima, ist doch alles gut gelaufen", doch nutzte diese Chance gleichwohl auch eine Tarantel, um es sich auch noch bei uns in der Hütte gequem zu machen. Nach längerer Beobachtung und Beratschlagung ergriff eine Mitreisende die Initiative und nebelte mit einem Insektengift die Spinne ein, so dass auch diese wieder den Weg nach draußen fand. Diese zwei Aktionen hatten jedoch zur Folge, dass der bereits angekommende Schamane auf seine Vorführung ungeduldig wartete (und sich mehr oder weniger über das Verhalten von Touristen über kleine Insekten lustig machte) und zum anderen, dass mein Bett ebenfalls mit dem Insektengift namens "Dragon" überzogen war. Na ja, nach der letztendlichen Zeremonie, war schnell der Weg ins Bett gesucht!

Ausflug in den "Oriente" - Teil 2: Ankunft in Runa Wasi

Sonntag Morgen 8:00 Uhr - was? Eigentlich unvorstellbar! Wozu ist man Student. Nicht, wenn man weiß, dass es in den Regenwald geht. Also (nahezu) topmotiviert aufgestanden, den Rucksack auf dem Rücken gesattelt und los ging es zu dem Abfahrtspunkt Richtung Runa Wasi - der zum Glück nur 30 Meter neben dem Hostel lag. Da stand auch schon das Taxi - na ja, so mehr oder weniger - ein 2-Kabiner Pick-Up. Nachdem das Gepäck auf der Ladefläche verstaut wurde und die ersten drei Leute (eine weitere Reisende kam noch dazu) in der hinteren Reihe ihre Plätze eingenommen hatten, stand fest, dass die restlichen Leute ebenfalls ihren Platz auf der Laderampe suchen mussten.
Diese Chance ließ ich mir nicht zwei mal anbieten. Wann sollte man dazu noch mal kommen - in Deutschland unvorstellbar, in Ecuador...normal!
An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: Wer kennt die Rundmails mit skurrilen Fotos nicht, bei denen man unmittelbar an eine Photoshop-Collage denkt. Beispiel: ein Kleinst-Bulli mit unglaublich vielen Menschen auf der Ladefläche. Ich kann euch sagen, dabei handelt es sich nicht um ein Photoshop-Produkt, sondern um die Realität! Hier der Beweis (wenn auch etwas unscharf, während der Busfahrt eben):


So, dass nur nebenbei =) Stehengeblieben bei der Abfahrt: mit dem denkbar vollbeladenen Pick-Up ging es für 50 Minuten immer mehr Richtung Regenwald. Dabei stets über mehr oder weniger asphaltierte Straßen, Schotterpisten und weniger seriös als sicher wirkende Brücken. Dennoch stand der Spaß stets dabei im Vordergrund, gerade bei einer immer dichter werdenen Bewaldung und einer Strecke, die nahezu nach jeder Kurve ein neues Highlight bietet. Wie gesagt, nach rund 50 Minuten war die Fahrt vorbei - Resümee: die Leute im Auto waren ziemlich entspannt, die Leute hinten auf der Ladefläche waren noch etwas (positiv) mitgenommen, angeheitert von dem Wahnsinn (zumindest aus deutscher Sicht), der sich gerade vollzog.
Nach dem Abladen ging es gleich weiter mittels zwei motorisierten Booten über den Rio Napo zu der Lodge, die für die nächsten zwei Nächte und drei Tage unsere Unterkunft sein sollte. Allein die Fahrt über den Fluss beeindruckte mich, gerade wenn man als Landei aufgewachsen ist, ansonsten in der "lebenswertesten Stadt" sein Unheil treibt und plötzlich im Urwald angekommen ist.
Nach einer guten halbe Stunde Fahrt sah ich dann zum ersten Mal die Lodge. Leider war man auf uns vor Ort nicht eingestellt und so ging es zunächst darum, zwei Zimmer / Cabañas für die nächsten Tage zu organisieren. Zum Glück, sollte das kein Problem darstellen und so konnte wir schnell unsere Rucksäcke und übriges Gepäck verstauen. zu diesem Zeitpunkt dringend erforderlich - eine Erfrischung. Die Außentemperaturen von etwa 25°, dazu eine schir unerträgliche Sonne in Kombination mit der hohen Luftfeuchtigkeit ließ das Bedürfnis nach Schatten, Getränken und Ruhepausen ständig anwachsen. Zum Glück gab es neben den Esstischen auch Hängematten und -sessel in dem Hauptgebäude, sodass diese schnell von uns belagert werden konnten.
Nun zum eigentlichen Problem: wie bereits erwähnt, waren die Indigenen des Quichua-Stammes nicht wirklich auf uns vorbereitet. Eine Absprache mit der Tourorganisation und der Lodge fand, wie sich herausstellen sollte, nicht statt. Demzufolge mussten wir den Einheimischen verdeutlichen, dass wir bereits das Geld für die 3-tägige Tour bezahlt hatten und nicht noch mal vor Ort für alle Leistungen zur Kasse gebeten werden wollten. Nach langem hin und her, verschiedenen Anrufen (per Walky Talky), sollte dann auch das geklärt sein, so dass wir mit bisweilen knurrenden Magen auf das Essen warteten. An dieser Stelle mag man sich fragen, was man im Regenwald so serviert bekommt - so ging es auch mir. Das Resultat erschaunte jedoch alle: Vorspeise: Kartoffelsuppe (obligatorisch für Ecuador), Hauptgang: Spaghetti Bolognese, Nachspeise: Fruchkompott. Was kann man sich noch mehr wünschen? Auch alle zukünftigen Mahlzeiten (egal ob morgens, mittags oder abends) sollten jeweils drei Gänge umfassen.
Na ja, nach einer Tour zu einem indigen Dorf und der Besichtigung, wie die üblichen Speisen und Getränke hergestellt werden, war die Sehnsucht groß, die erste Nacht im Regenald zu verbringen. Allerdings sollte die Nacht von Dauerregen und Gewitter begleitet werden - eine erstaunliche Erfahrung, wenn man Wetterleuchten im Regenwald miterlebt und den Regen auf die mit Palmenblättern belegten Hütten prasseln hört.

Freitag, 5. November 2010

Ausflug in den "Oriente" - Teil 1: Anreise nach Tena

Gerade einmal zwei Tage nach meiner Ankunft ging es zusammen mit den vier Praktikantinnen über ein verlängertes Wochenende in den "Oriente". Denn wie auch in Deutschland wird in Ecuador der Beginn des Novembers durch gleich zwei Feiertage eingeleutet. Wird am 2. November der Totentag (Allerseelen) zelebriert, folgt einen Tag später der Unabhängigkeitsfeiertag von Cuenca (gesetzlicher Feiertag neben dem von Quito und Guayaquil). Einen Blick auf den Kalender lässt nun den Einwand aufkommen "Ja, aber der Montag war doch gar kein Feiertag, warum also ein langes Wochenende?" - dem kann ich soweit nur zustimmen, allerdings wurde uns Praktikanten der Montag als Freizeit zur Verfügung gestellt. So standen also nahezu fünf Tage frei zur Verfügung - frei, um wie schon gesagt, den "Oriente" zu bereisen. Als "Oriente" wird schlicht der ecuadorianische Teil des Amazonasdschungels beschrieben. Na ja, schlicht ist zugegeben an dieser Stelle etwas untertrieben, denn nicht zuletzt besitzt Ecuador, demnach auch und im besonderen Umfang der Dschungel, eine hohe Biodiversität. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind dort zu bestaunen, die man sonst vielleicht nur aus dem Zoo und dem Fernsehen kennt.
Nachdem das Programm wie auch die Unterkunft bereits im Voraus gebucht war, ging es gleich am Samstag unmittelbar nach dem Ende des Unterrichts zur Busstation von Cumbayá. Erstes Ziel der Reise sollte Tena, die Provinzhauptstadt von Napo (mit dem gleichnamige Fluss) sein. Im bequemen Reisebus eingestiegen und glücklicherweise mit Sitzplätzen verwöhnt, ging die vierstündige Fahrt los. Neben den insgesamt knapp 180 Kilometern Strecke, die zurückgelegt wurden, war der Höhenunterschied der Fahrt groß. Gestartet  wurde auf rund 2000 Metern über NN, als es dann Richtung Anden und dem Vulkan Antisana auf rund 4000 Meter anstieg um letztendlich in Tena auf ca. 600 Metern anzukommen. Aber schon die Fahrt war beeindruckend. Neben dem rasanten Tempo, dass der Busfahrer an den Tag legte (als würde morgen die Welt untergehen) und die doch oftmals steilen tiefen Abhänge nebst den Straßen wurde man nichtsdestoweniger von der wundervollen Landschaft entschädigt. Seien es fernab gelegene Dörfer, Wasserfälle inmitten der Gebirgszüge, Sehenswürdigkeiten wie die Thermen in Papallacta oder aber Alpakas am Straßenrand - all das entschädigte für das lange Sitzen bis zum Zwischenstop in Tena. Am Zielbahnhof ausgestiegen, wurde man nicht nur gleich als "Touri" erkannt, sondern zudem von einem freundlichen Guide des Tourveranstalters abgeholt.


Nach einer kurzen Erholung im Hostel und einer anschließenden Erkundung der Stadt Tena (bei zwei bis drei ecuadorianischen "Pilsener" - dem Standardbier [lässt sich sehr gut trinken]), folgte die vorerst letzte Nacht in Zivilisation und stets in der Hoffnung, dass man bei der Schwüle nicht nur vor Mosquito- und anderen Insektenstichen verschont bleibt, sondern gleichwohl auch ein Auge zubekommt.