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Dienstag, 1. Februar 2011

Teleférico - Pichincha

Schon lange bestand das Vorhaben mit der Seilbahn "Teleférico" auf den Vulkan Pichincha zu fahren. Allerdings ließ das oftmals schlechte Wetter eine Fahrt auf den Heimatvulkan Quitos sinnlos erscheinen. Nachdem das Projekt schon viele Male gescheitert war, sollten auch am vergangenen Wochenende die Bedingungen nicht besser sein. Nach der Rückkehr am Samstag Abend aus Cotacachi war Quito vom Dach der Schule aus nicht annähernd zu erblicken - zu dicht war die Wolkendecke. Infolgedessen gingen die Überlegungen einmal mehr in die Richtung, die Besteigung des Pichinchas zu verschieben. Nur leider sollten die nächsten gemeinsamen Wochenenden ebenfalls verplant sein.
Nun gut, am nächsten Morgen klingelte trotz allem der Wecker im Haus früh. Zum Glück, denn das Wetter zeigte sich so klar wie selten zuvor und so waren bereits vom Dach aus nicht nur die Teleférico-Bergstation, sondern auch der nahe gelegene Vulkan "Corazón" zu sehen. Voller Motivation ging es um halb 8 Uhr zum Terminal "Rio Coca" nach Quito, um von dort aus mit dem Taxi zur Talstation des Teleférico zu fahren. Bereits auf den Fahrten war der Schildvulkan Cotopaxi in weiter Ferne am Horizont zu erblicken. Nachdem wir an der Seilbahnstation angekommen waren, fügten sich der Cayambe, Antisana, Cotopaxi und Corazón mit der schier unendlichen Hauptstadt Quito zu einem Gesamtkunstwerk zusammen. Los ging es also: Ticket gekauft, durch das metallische Irrlabyrinth für derzeitig nicht vorhandene Warteschlangen hindurch standen wir fünf auf den Wartepunkten um die Gondel "11" für die nächsten rund dreißig Minuten zu besetzen. Den übrigen freien Platz belegte ein freundlicher Herr, der unser latentes Halbwissen über die Namen der Vulkane zu enträtseln wusste und uns bei der Zuordnung korrigierte (der Antisana ist eben doch nicht der Chimborazo!). Der Aufstieg mit der Gondel an sich sorgte ansonsten jedoch für Stillschweigen, zu beeindruckend waren die Bilder mit zunehmender Höhe. Dem 14. Stützpfeiler folgte unmittelbar die Bergstation des Teleférico. Dort ausgestiegen ging es unmittelbar zur Aussichtsplattform. Die Ankunftshöhe von etwa 4.050 Metern über NN machte zu unserem Glück keine Probleme, zu sehr schien der mittlerweile dreimonatige Aufenthalt (für mich) auf etwa 2.600 Meter über NN den Höhenunterschied nicht spürbar zu gestalten. Nachdem viele Fotos von diesen bereits überwältigenden Blicken gemacht wurden, ging es um 9:30 Uhr los, stets mit dem Ziel, den bereits sichtbaren und vermeintlich nicht allzu weit entfernten Gipfel des "Rucu Pichincha" zu erklimmen (mein erstes Vorhaben dieser Art). Die Route "1" sollte für die nächsten Stunden uns leiten.


Die Distanz von der derzeitig höchsten Bergstation "Cruz Loma" (für zivile Nutzung) auf einer Höhe von etwa 4.050 Meter bis zum Gipfel auf etwa 4.700 Meter Höhe wird von unterschiedlichen Quellen auf eine Distanz von etwa 15-19 km geschätzt. Bereits die ersten Meter machten mir klar, dass die Luft schon hier deutlich dünner sein würde, als im Ort Cumbayá. Zum Vorteil war es auf Grund des perfekten Wetters nicht allzu kalt. Im Gegenteil: die Sonneneinstrahlung auf dieser Höhe, zumal unmittelbar am Äquator, ist deutlich intensiver, als ich es mir vorstellte. Die ersten Anstiege auf dem trockenen Pfad forderten jegliche vorhandene Muskel meines Körpers immer wieder heraus. Der Puls näherte sich währendessen immer mehr einer Technobeat-Party an. Natürlich hat sich vor vielen tausend Jahren die Natur auch nicht gedacht, dass man vielleicht irgendwann mal einen Pfad hier anlegen würde und so ist der Weg keineswegs einfach nur durch einen gleichmäßigen Anstieg geprägt, sondern vielmehr durch ein parabelförmiges Auf und Ab. Nach der ersten Stunde folgte eine dringend notwendige Pause. Zu sehr hatte ich die Anstrengungen unterschätzt. Wenige Minuten später ging es aber auch schon wieder weiter. Dabei nicht nur über irgendwelche Trampelpfade, sondern auch an Felswänden entlang oder hinauf.

 


















Mit der zunehmenden Höhe und der parallelen Entwicklung der körperlichen Erschöpfung (beides lässt sich nur sehr schwierig in Einklang bringen) fiel dann nach einer weiteren Pause und etwa 2 3/4 Stunde Wanderung der letzte Anstieg zum Gipfel des Rucu Pichincha besonders schwer. Nicht nur der fehlende Sauerstoff, sondern auch die Beschaffenheit des Bodens (Asche) sorgten für unzählige Pause auf den letzten Metern.
Dann, nach nunmehr ca. 3 Stunden war es geschafft, wir waren alle zusammen oben angekommen. Viele Gesichter, die man auf dem Weg dorthin getroffen hatte, verweilten noch immer hier. Die Fortbewegung der Wolken über die Gipfelrücken glich dabei einem Spektakel. Zugleich wurde es infolgedessen deutlich kühler auf einer Höhe von etwa 4.700 Metern. Aber all die Strapazen bis dahin hatten sich gelohnt, denn einen derartigen Ausblick bekommt man in Europa lediglich auf dem Mont Blanc (4.800 Meter über NN), der allerdings auf Grund seiner Schneeschicht deutlich anstrengender zu besteigen sein dürfte. Zudem hatte man, sofern sich die wenigen Wolken verzogen hatten, einen wundervollen Blick auf die umliegenden Vulkane.


Na ja, mit der mangelnden Bewegung dort "oben" wurde es mit der Zeit auch kalt und so ging es nach etwa 30 Minuten auch schon wieder herunter. Hierbei sollte sich die eben erwähnte Asche als doch noch nützlich erweisen. Demnach glichen die ersten Meter talwärts einem Surfritt. Jeder Schritt in der Asche zog sich über mehrere Meter, so dass sich die wasserdichten Wanderstiefel an dieser Stelle auch als staubdicht und somit sinnvoll erweisen sollten.
Da die Kraft und Konzentration auf dem Weg abwärts auch nicht plötzlich mehr geworden ist, im Gegenteil und zugleich dieselben Tücken auf dem Pfad warteten, wie schon wenige Stunden zuvor in umgekehrter Richtung, half nur noch entsprechende Musik, um die Strapaze möglichst schnell hinter sich zu bringen. Die wenigen mehr oder weniger ebenen Wegstrecken waren weniger das Problem, als bergab das ganze Gewicht abzufangen und dabei nicht gleichzeitig auf dem staubigen Untergrund auszurutschen. Dieses Unterfangen wurde von mir ohne Zwischenfälle nach zwei Stunden erfolgreich gemeistert, allerdings auch nicht spurlos. Blasen an den Füßen und Knieschmerzen resultierten ebenso wie Sonnenbrand im Gesicht und Nacken aus dieser Wanderung.
Dennoch bereue ich keineswegs, diese Wanderung auf den Pichincha gemacht zu haben, egal wie anstrengend sie war. Denn dafür wurde ich nicht nur mit einem unvergesslichen Blick belohnt, sondern zugleich auch mit der Erfahrung, wie es einem bzw. mir auf einer Höhe von 4.700 Metern über NN so ergeht. Falls ihr irgendwann / -wo mal die Gelegenheit habt, eine derartige Tour zu unternehmen und ihr euch halbwegs fit fühlt, möchte ich euch einen solchen Ausflug ans Herz legen! Aber denkt daran: wie bei jedem Berg / Vulkan ist es so, dass er entweder euch bezwingt oder ihr ihn!

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