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Donnerstag, 10. März 2011

Karnevalsurlaub in Cuenca

Wie wohl überall in Lateinamerika bildet Karneval einen Ausnahmezustand. In Deutschland würde man hierzu die fünfte Jahreszeit anführen, hier in Ecuador ist es die Dritte! Deswegen liegt es nah, dass hierfür seperate Ferien eingeführt wurden. Diese gingen vom vergangenen Freitag bis zum Dienstag. Jedoch beginnt die ganze Kuriosität schon nahezu eine Woche vorher und die Spuren reichen über den Dienstag heraus. Vergleichbar  mit Deutschland ist die Art diese Jahreszeit zu zelebrieren allerdings nicht. Würde man hier einem Ecuadorianer sagen, er solle mit "dulces" aus Autos oder von Wagen werfen, blickte man vermutlich nur in erstaunte Gesichter. Hier ist es stattdessen üblich, sich mit Wasserschläuchen gegenseitig nass zu spritzen, mit Eiern und Mehl sein gegenüber zu verunstalten und zur Krönung gibt es dann noch Sprüschaum mit Geschmacksrichtung in XXL-Dosen. Also alles in allem eine große Sudelei.


Während drei Praktikantinnen während der Kurzferien den Weg an die Küste respektive Montañita aufsuchten, ging es für die zwei Neuankömmlinge nach Baños (siehe Bericht). Beide Orte sollten sich allerdings mehr als überfüllt zeigen. Ich hingegen suchte mit Juan (Chef) und Vicky (Chefin) den drittgrößten Ort Ecuadors Cuenca auf. Da eine Auto- oder gar Busfahrt mehr als acht Stunden dauert, entschieden wir uns für die schnellere Alternative per Flugzeug - damit war die Strecke in guten 45 Minuten zurückgelegt. Der kleine Airbus A318 von LAN brachte uns am Samstag Mittag sicher Richtung Süden - schade allerdings, dass das Wetter derartig bewölkt war, dass man auf dem Flug keine Chance hatte, trotz Fensterplatz die zahlreichen Vulkane des Landes aus großer Höhe zu erblicken.
Nach der Ankunft am Flughafen von Cuenca wurden wir herzlich von Juans Vater und seinem jüngsten Bruder empfangen. Richtig, denn es handelt sich zugleich um seinen Heimatort. Der Fahrt zu deren Penthauswohnung folgte ein ausgiebiges und super leckeres Mittagessen (am späten Nachmittag) mit der gesamten Familie von Juan. Die Menge des Essens wir umso deutlicher, wenn man hinzufügt, dass das nächste Essen erst um 21:30 Uhr folgte. Selbst nach mittlerweile über vier Monaten Aufenthalt hier in Ecuador, wurde ich einmal mehr mit einer für mich unbekannten Speise überrascht. Als Vorspeise gab es eine "Pommessuppe". Hört sich komisch an, schmeckt aber sehr gut, wie das gesamte Essen.


Sicherlich bestand der Urlaub in Cuenca nicht nur aus Essen, obwohl diese Aktivität einen Großteil ausmachte (den unglaublich günstigen Preisen sei dank). Nach einer Cocktailtour am ersten Abend (leider verregnet), folgte am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein eine Sightseeingtour durch das UNESCO Weltkulturerbe - richtig, denn dazu zählt Cuenca seit 1999. Und diese Entscheidung ist meiner Meinung nach absolut berechtigt. Zwar ist die Stadt gar nicht mal so groß (obwohl eben die drittgrößte Stadt Ecuadors; zeigt, wie klein die nächsten Orte dann sein müssen), aber generell sehr kompakt von der Physiognomie und wunderschön. Viele sehr alte und gut erhaltene Häuser reihen sich nebst zahlreichen Kirchen und Kathedralen, begleitet entweder von Parks oder voneinander getrennt durch einen Fluss. Zu den sonstigen Aktivitäten gehörten Kuchen essen, Kaffee trinken, sogar eine Kutschfahrt oder kleine Shoppingtouren. Die gesamten Tage waren stets von der Herzlichkeit der Familie begleitet. Nicht nur das wir kostenlos in der Wohnung von Juans Bruder Santiago unterkommen konnten, sondern auch die Bereitschaft und Engagement, mir möglichst viel von der Stadt und der Umgebung zu zeigen sowie mich überdies an der Familie teilhaben zu lassen. Jegliche Wünsche von mir mussten irgendwie versucht werden umzusetzen - egal, ob man hierfür noch so weit mit dem Auto fahren müsste. Da die zahlreichen Hutfabriken und Panama-Hut-Läden auf Grund der Karnevalssituation in Cuenca geschlossen hatten, ging es zum Beispiel für den Erwerb 45 Minuten in den Nachbarort "Chordelég". Nicht nur das hier die gleichen Hüte deutlich günstiger sind (da der Name eine der drei großen Fabriken fehlt), sondern auch, dass übrige Artikel gleiche Tendenzen zeigten, überzeugte mich davon, hier etwas mehr zuzuschlagen (mittlerweile warten so viele Dinge auf den Import, dass ich nicht einmal mehr weiß, ob sie alle in den Koffer und Rucksack passen!). Nach etwa einer Stunde ging es auch schon wieder zurück. Selbstverständlich war auch in diesem Teil des Landes die Karnevalszeit nicht übersehbar, so dass wegen der Straßenfeiereien und eines Verkehrsunfalls (wohlmöglich betrunken oder sowas) der Rückweg über vier Stunden plötzlich dauerte - anstrengend.


Wie über die vier Tage üblich, waren die vier Tage stets von diversen Café-, Restaurant- und Barbesuchen dominiert. Man stelle sich vor, dass man mit acht Leuten in einem edlen Restaurant (mit Silberbesteck etc.) Essen (Rinderfilet mit Gratin) geht und mit Getränken insgesamt nicht mehr als ca. 60 USD bezahlt - da muss man einfach ausgiebig komsumieren.
Doch wie erwähnt, wurde nicht nur den ganzen Tag gegessen, sondern es stand überdies ein Besuch des Nationalparks "El Cajas" auf dem Programm. Ebendieser 29.000 ha große geschützte Park umfasst mehr als 240 Lagunen, die in kleinen Schachteln ("cajas") entlang der Straße liegen. Dass der Anblick der zahlreichen Seen und "Pfützen" in der typisch ecuadorianischen Landschaft wieder einmal großartig war, gilt es nicht näher zu betonen, sondern als obligatorisch anzunehmen. Aufpassen musste man neben den Felsbrocken auf der kurvigen Straße auch auf zahlreiche Lamas und Alpakas, die vereinzelt oder in Kleingruppen auf der Straße spazieren gingen. In der Ferne stets der Blick auf die "Teufelsnase", einem herausragenden Felsen in Form einer liegenden Nase, der in Manier des Polarexpresses per Zug (der einzige Zug in Ecuador und im Grunde nur für Touristen) spiralförmig zu bereisen ist.


Na ja, nach einem Dankeschön-Abendessen und einem ausgiebigen Frühstück mit Kuchen anstatt Crêpe oder dergleichen am nächsten Morgen (weil das Restaurant hoffnungslos überfordert war mit zwei Kellnern mussten Alternativen her), ging es nach der Verabschiedung von der Familie Juans per LAN-Flugservice am Nachmittag zurück nach Quito. Leider konnte man auf Grund der wolkigen Wetterlage die Vulkane fast gar nicht sehen, d.h. einzig der Cotopaxi ragte ein wenig durch die Wolkendecke hervor. Nach Guayaquil konnte ich in den drei Tagen so die für mich zweitschönste Stadt Ecuadors kennenlernen und kann sie jedem nur ans Herz legen, der, wie die UNESCO ebenfalls festgestellt und zertifiziert hat, eine wunderschöne kleine und schnell vertrauliche Stadt erleben möchte und vielleicht von der Hektik aus den zwei Metropolen einen ruhigen Zufluchtsort sucht.

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